Waldgarten klingt irgendwie schön. Romantisch. Für andere auch: Furchtbar schattig. Aber was verbirgt sich eigentlich hinter dem sympathischen Schlagwort? Was macht einen Waldgarten aus und was ist so toll daran? Macht es überhaupt Sinn, sich damit zu beschäftigen, wenn der eigene Garten vielleicht sehr klein ist? Und warum interessiere ich mich dafür? Hier kommen ein paar Grundlagen zum Waldgarten.
Das Konzept Waldgarten
Zugegeben, ein einheitliches Konzept zum Waldgarten gibt es nicht. Und eine einzige richtige Definition auch nicht. Klar ist: Ein Wald ist es nicht. Ein Garten schon eher. Aber vom klassischen Bauerngarten unterscheidet er sich erheblich. Der große Unterschied ist der Anteil von Bäumen und Sträuchern. Während der klassische Gemüsegarten überwiegend aus einjährigen Arten besteht, die möglichst volle Sonne benötigen, wird im Waldgarten auf Bäume, Sträucher und mehrjährige Arten gesetzt – und dafür auch Schatten in Kauf genommen. Das Ganze ergibt dann keinen tiefen Tannenwald, sondern ein lichtes Miteinander von großen und kleineren Bäumen, Nuss- und Beerensträuchern und einer gemüseartigen „Krautschicht“. Ähnlich wie an einem Waldrand oder auf einer kleinen Lichtung. Vielleicht lässt es sich so zusammenfassen:
Definition Waldgarten
Ein Waldgarten ist eine vom Wald oder Waldrand inspirierte Art der Gartengestaltung. Dabei wird das Licht – wie in einem lichten Wald – auf unterschiedlichen Ebenen genutzt. Eine entscheidende Rolle spielen ertragreiche Bäume und Sträucher sowie mehrjährige Gemüse und Kräuter. Diese Pflanzen bilden ein stabiles Ökosystem und sorgen über viele Jahre für eine abwechslungsreiche Ernte aus Nüssen, (Wild)Obst und Beeren, Blattgemüsen und Kräutern.
Warum Waldgärtnern?
Wir sind über das Konzept Waldgarten gestolpert, als uns unser neuer Pachtgarten zugelaufen war. Der eigentlich eher wie ein vermülltes, überwuchertes Stück Wald aussah. Zwar träumten wir vom Garten – aber das hier war, abgesehen vom Müll, etwas Besonderes. Ein Biotop voller Bäume, Hecken, Brombeerranken und Vögeln. Das konnten wir ja auch nicht einfach plattmachen. Also schied der klassische Kleingarten, Bauerngarten, Kloster- oder Naturgarten irgendwie aus. Und auch Waldgarten passte nicht ganz. Denn die Konzept dazu starten oft auf dem leeren Acker. Da werden dann Bäume, Sträucher und mehrjährige Gemüse gepflanzt. Wir starteten eher vom Wald. Und trotzdem haben wir aus der Idee Waldgarten viele Inspirationen bekommen.
Vorteile des Waldgartens
Warum eigentlich einen Waldgarten anlegen? Sind nicht klassische Äcker und Bauerngärten erprobte und ertragreiche Anbauformen? Doch, das stimmt. Und der Anbau einjähriger Gemüse hat tatsächlich auch viele Vorteile. Aber Äcker und Beete mit einjährigen Gemüsen jedes Jahr neu angelegt und gepflegt werden, sonst würde die Fläche schnell zuwachsen. Im Waldgarten hingegen entsteht im besten Fall ein stabiles Ökosystem, dass sich zwar nach und nach verändert, aber doch über viele Jahre Erträge bringt. Hier sind noch mehr Vorteile eines Waldgartens:
- Ein Waldgarten kann relativ pflegearm gestaltet werden.
- Der Waldgarten ist meistens ein sehr angenehmer Aufenthaltsort. Pflanzen und Gärtner*innen profitieren vom Wind- und Sonnenschutz durch große Bäume und Hecken.
- Viele Ertragssorten des Waldgartens sind sogenannte Super-Foods: Nüsse, Esskastanien, Beeren, Wildobst und Kräuter sind super gesund und lecker.
- Viele Arten bringen ihren Ertrag über Jahre hinweg, sie müssen nicht jedes Jahr neu gepflanzt oder gesät werden.
- Die Bäume und Sträucher binden CO2, tragen zur Humusbildung bei und schützen den Boden vor Erosion und Austrocknung.
- Das Kleinklima in einem Ort oder einer Stadt kann durch Waldgärten deutlich verbessert werden.
- Die vielfältigen Strukturen bieten Lebensraum für viele Tiere.
- Durch die Vielfalt der Pflanzen ist ein Waldgarten wiederstandfähig gegen Wetterextreme und klimatische Veränderungen.
Grundlegende Prinzipien im Waldgarten
Auch wenn sich Definition und Ausgestaltung eines Waldgartens unterscheiden können – einige Grundprinzipien finden sich in allen Texten zu dem Thema. Hier der Überblick:
- Drei Ebenen. Ein Waldgarten nutzt verschiedene vertikale Ebenen. In gemäßigten Breiten werden meistens drei genannt: die Baumschicht, die Strauchschicht und die Krautschicht.
- Stabiles System. Im Waldgarten wird versucht, ein stabiles Ökosystem zu schaffen, das sich, nach dem Vorbild der Natur, selbst erhält. Dabei bilden ertragreiche Bäume und Sträucher die grundlegenden Strukturelemente.
- Bodenpflege. Der Boden im Waldgarten wird möglichst schonend behandelt, er wird bedeckt gehalten und nicht umgegraben oder gepflügt.
- Mehrjährig Pflanzen. Der Waldgarten greift viele Elemente der Permakultur auf. Der Schwerpunkt der Pflanzen liegt auf mehrjährigen Kulturen, die sich gegenseitig unterstützen (oder jedenfalls nicht behindern).
- Mischkultur. Im Waldgarten wachsen unterschiedliche Pflanzen „bunt durcheinander“. Anders als beispielsweise in einer Apfelplantage. Die Mischkultur sorgt für eine optimale Ausnutzung der Fläche und einen hohen ökologischen Nutzen.
- Kreislaufwirtschaft. Der Waldgarten wird häufig als sich selbst erhaltendes System gedacht, das auch Dünger, Mulch und Pflanzenschutzmittel selbst produziert.
Vom Waldgarten lernen für Haus- und Kleingärten
Zugegeben – einen „echten“ Waldgarten nach all diesen Prinzipien haben wir nicht. Und auch nicht die Freiheit, einen anzulegen, denn dafür bräuchten wir ein großes, wenigstens teilweise freies Gelände. Da würden wir dann als künftige Großbäume Walnüsse und Edelkastanien pflanzen. Unser kleiner Pachtgarten ist jedoch bereits zu großen Teilen von hohen Ahorn-Bäumen beschattet.
Dennoch können wir von den Gedanken des Waldgartens viel lernen – auch für so einen Kleingarten. Zum Beispiel, welche Pflanzen im Halbschatten einen guten Ertrag bringen und wie sich waldige Bereiche im Wechsel der Jahreszeiten nutzen lassen. Aber auch, wie wir die etwas helleren Zonen so bepflanzen, dass der verwunschene Charakter des Geländes gewahrt bleibt. Wie wir dafür sorgen, dass Vögel und Eichhörnchen heimisch bleiben und dass wir selbst uns auch im Hochsommer wohlfühlen.
Als wir den Garten übernommen haben, dachte ich, dass das nur ein schöner Aufenthaltsort werden könnte. Immerhin. Aber sicher kein Ort für Gemüse, weil es ja so schattig ist. Inzwischen bringen wir fast von jedem Gartengang etwas Essbares mit nach Hause. Und wie das geht – das lernen wir auch vom Waldgarten.
Zusammenfassung: Das ist ein Waldgarten
Ein Waldgarten kombiniert Bäume, Sträucher und mehrjährige Stauden in einer naturnahen Mischkultur und erzielt dadurch einen vielfältigen und reichlichen Ertrag. In gemäßigten Breiten wird der Waldgarten von Waldrändern und Lichtungen inspiriert. Typische Erzeugnisse des Waldgartens sind Nüsse, Edelkastanien, Obst, Beeren, Kräuter und Blattgemüse.