Wenn mir die Gartenprojekte über den Kopf wachsen…

Mal ganz ganz ehrlich: Lazy Gardening hin oder her, auch mir wächst manchmal im Garten alles über den Kopf. Die Himbeeren müssen dringend geschnitten werden, der Girsch wuchert die Beete zu, die Bohnen brauchen Stangen, die Holztruhe einen neuen Anstrich und der Ingwer steht seit zwei Monaten hier rum, ohne dass ich ihn eingepflanzt hätte. Wie kann eine damit umgehen, gibt es Erste-Hilfe-Maßnahmen und warum passiert uns Menschen das eigentlich immer wieder?

Planen ist das eine….

Eigentlich waren die Pläne super. Ja, wir haben einen Garten übernommen, der vom Zustand her nach viel viel Arbeit aussah. Aber wir hatten keine Fristen, bis wann wir was hinkriegen müssten. Und wir haben uns gesagt: Wenn wir gar nichts machen, passiert ja auch nichts. Dann bleibt das Gelände einfach so wie jetzt und zur Not geben wir es wieder ab.

…die Realität sieht oft anders aus

Faktisch haben wir uns dann ganz schön reinverbissen. Dieser viele Müll auf dem Gelände, das war einfach nicht auszuhalten, das konnten wir nicht so lassen. Und dann gibt es ja auch geeignete Jahreszeiten für diese oder jene Tätigkeit. Und die gilt es zu nutzen, denn wer will schon ein ganzes Jahr warten, weil der Pflanztermin im Herbst verpasst wurde? Oft regelt sich so etwas von selbst. Manches schafft man einfach nicht und dann muss es eben warten. Macht ja auch meistens nicht. Außer manchmal, wenn man sich eine Arbeitsfalle gebaut hat, so wie wir das immer mal wieder schaffen…

Was ist eine Arbeitsfalle?

Damit meine ich die typische Art, mit der wir uns selbst austricksen und sozusagen zum Arbeiten verpflichten. Oft ist das praktisch. Nachmittags in der Woche die Waschmaschine anschalten ist so ein Beispiel. Ich weiß schon, dass ich abends viel zu müde sein werde, um die Wäsche noch aufzuhängen. Aber es hilft ja nichts, wenn sie nicht müffeln soll, muss sie auf die Leine und so werde ich mich in 95% der Fälle aufrappeln, und die Arbeit eben doch noch erledigen. Und das ist auch gut so, denn sonst gäbe es bei uns bald keine saubere Wäsche mehr. Nun ist die Waschmaschine eine kleine Arbeitsfalle und wenn ich es gar nicht schaffe, muss ich die Wäsche am nächsten Tag noch mal waschen. Das ist blöd aber kein Beinbruch. Im Garten gibt es auch größere Arbeitsfallen. Und ich nehme mir immer wieder vor, darüber ein bisschen nachzudenken, bevor ich sie mir stelle…

Arbeitsfallen im Garten

Arbeitsfallen sind wahrscheinlich ein toller Trick unseres Unterbewusstseins, um uns vom Sofa hochzulocken und dafür zu sorgen, dass wir das, was wir uns wünschen, auch echt in die Welt bringen. Also super Sache. Aber eben manchmal auch zu viel. Wenn vielleicht eigentlich gerade in Job, Familie oder Verein viel los ist. Deshalb habe ich mir vorgenommen, diese selbstgebauten Fallen künftig früher zu erkennen. Also hier mal meine größten Arbeitsfallen im Garten:

  • Viele Pflanzen oder Blumenzwiebeln kaufen. Je nach der Menge, kann das echt stressig werden. Vor allem, wenn der Pflanzplatz noch nicht richtig vorbereitet ist (was bei uns öfter der Fall war). Denn es ist klar: Die Schönheiten müssen möglichst schnell raus aus dem Container und rein in die Erde. Wenn ich noch gar nicht richtig weiß, wohin, oder wenn ich diese Stelle erst mal von dickem Wurzelfilz befreien muss, verpflichte ich mich mit so einem Kauf schon mal für einige Nachmittage Schaufelschwingen. Inzwischen versuche ich es zumindest anders herum: Pflanzplatz vorbereiten, überlegen, was wohin soll. Und dann erst zur Gärtnerei fahren.
  • Ein größeres Bauprojekt anfangen. Gartenhütte, Schuppen, Terrasse oder Gartenteich wären so Kandidaten. Viele Bauprojekte drängen einfach nach „Weitermachen“. Weil das Material sonst nass wird, weil der Lagerplatz knapp ist oder weil die Baustelle den ganzen Garten verunstaltet. Eigentlich fallen mir nur wenige Bauprojekte ein, die ganz allmählich mit wochenlangen Pausen wachsen können. Natursteinmauern vielleicht.
  • Material oder Gegenstände für den übernächsten Planungsabschnitt besorgen. Also beispielsweise: Den schicken 50er-Jahre-Schrank kaufen, der dann in die Gartenhütte soll, die aber noch keinen Fußboden und kein Dach hat. Voll das Schnäppchen! Muss aber erst mal schnell der Boden gelegt werden. Und gestrichen. Und die Fußleisten ran. Und solange steht der Schrank draußen im Regen im Weg rum…
  • Viele pflegeintensive Pflanzen pflanzen. Zum Beispiel 30 Tomatenpflanzen. Die dann alle aufgebunden und ausgegeizt werden müssen. Und zwar eigentlich täglich. Und das ist nur schwer aufzuschieben, weil die Triebe sonst zu groß werden und dann leidet die Pflanze und der Ertrag natürlich auch… (Was nicht heißt, dass man das nicht machen kann. Wer die Zeit dafür hat, sichert sich damit wiederum eine großartige Tomatenernte!)

Was tun, wenn im Garten alles zu viel wird?

Das alles zu wissen ist schön und gut. Aber manchmal ist man halt schon voll in so eine Falle reingetappt. Also was dann? Hier sind ein paar Erste-Hilfe-Ideen:

  • Radikale Entscheidungen. Was muss jetzt wirklich passieren, und wo mache ich mir unnötig Druck? Da frage ich mich zum Beispiel: Wenn ich mir morgen ein Bein brechen würde und könnte gar nichts mehr tun, was würde ich trotzdem noch irgendwie organisieren müssen? Was würde passieren, wenn ich ein paar Wochen gar nicht mehr in den Garten ginge?
  • Freund*innen um Hilfe bitten. Das fällt vielen schwer, manchen auch nicht. Und natürlich sollen Freundschaften darunter nicht leiden. Aber meine Erfahrung ist: Viele Menschen helfen gern. (Ich auch übrigens.) Und auch Freund*innen, zu denen der Kontakt ein bisschen abgerissen ist, kommen vielleicht gern mal zum Garten-Arbeits-Nachmittag. Kann ja danach Grillen oder Anstoßen geben und schon wird das Ganze zur netten Geselligkeit. Nebenbei wird dann auch der Teich fertig gebuddelt oder die Hütte gestrichen. Win-Win.
  • Profis ranlassen. Auch das kann manchmal eine Lösung sein. Normalerweise kriegen erfahrene Handwerker*innen etwas schneller fertig gebaut als ich. Und dann ist es eventuell weniger teuer als gedacht. Oder vielleicht kann ich woanders etwas abgeben und hab dann mehr Zeit im Garten. Wenn ich meine Hemden zum Beispiel in die Reinigung gebe, statt sie selbst zu bügeln, wenn ich sie denn überhaupt bügeln würde…
  • Zwischenziele setzen. Das hat natürlich was mit Prioritäten zu tun. Und führt zurück zu Punkt 1, was muss jetzt wirklich passieren? Wenn es eigentlich nur das Dach auf dem neuen Geräteschuppen ist, dann ran ans Dach. Und danach erst mal Feiern und Ausruhen. Und Kosmetisches und Schönes später angehen.
  • Provisorien erlauben. Zugegeben, Provisorien sind so eine Sache. Nichts hält besser und länger, das stimmt. Aber manchmal macht das auch gar nichts. Und ganz bestimmt ist eine schneller Sichtschutz am Kompostklo besser als keiner. Und wenn die Dauerlösung erst drei Jahre später kommt, ist das eigentlich auch in Ordnung.

Vor allem versuche ich nie zu vergessen: Die Natur braucht uns nicht. Im Garten dürfen wir uns entspannen. Auch wenn das manchmal heißt, dass ehrgeizige Pläne etwas länger brauchen. (Wenn ich allerdings unsere geplante Zeitmaschinen-Bildergalerie anschaue, dann hört sich das eigentlich nicht sehr glaubwürdig an…)

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